Das Ziel des gegenständlichen Projektes war die Beurteilung der Hochwasserexposition von Deponien und Altablagerungen und der im Überflutungsfall davon ausgehenden Umweltgefährdungen. Dazu wurde im ersten Schritt erhoben, wie viele Deponie- und Altablagerungsstandorte in Österreich hochwassergefährdet sind und welche Emissionsfrachten in die Umwelt im Fall einer Überflutung zu erwarten sind.
Als Grundlage zur Abschätzung der Exposition (Hochwassergefährdung) dienten einerseits Informationen zu den Standorten von Deponien und Altablagerungen und andererseits Angaben zu Hochwasserrisikozonen (HORA), in denen flächendeckend für Österreich Hochwasserabflussgebiete mit Wiederkehrintervallen von 30, 100 und 200 Jahren ausgewiesen werden. In Abhängigkeit zur Lage des Deponie- bzw. Altablagerungsstandortes zu den Hochwasserrisikozonen werden drei Kategorien von Hochwassergefährdungen unterschieden: gefährdet, eventuell gefährdet und wahrscheinlich nicht gefährdet. Gefährdete und eventuell gefährdete Standorte befinden sich entweder innerhalb ausgewiesener Überflutungsflächen oder in untermittelbarer Nähe zu diesen. Für Deponien und Altablagerungen, die potentiell von einem Hochwasser betroffen sein können (d.h. sie wurden als gefährdet oder eventuell gefährdet klassifiziert), wurden anhand verschiedener Stofffreisetzungsszenarien mögliche Emissionspotentiale abgeschätzt. Die entwickelten Szenarien reichen von einer verstärkten Mobilisierung von Schadstoffen durch Lösungsprozesse bis hin zur vollständigen Erosion der Deponie. Die ermittelten Emissionspotentiale werden zur Beurteilung der Umweltgefährdung und den daraus resultierenden Folgerisiken, ausgehend von überfluteten Deponien und Altablagerungen, herangezogen.
Aus einer Stichprobe von 131 Deponien und 961 Altablagerungen wurden ca. 30 % der Deponie- und Altablagerungsstandorte als potentiell hochwassergefährdet ausgewiesen, wobei sich ein Drittel dieser Standorte innerhalb eines potentiellen Hochwasserabflussgebietes mit 30-jährigem Wiederkehrintervall befindet. Die hochwassergefährdeten Standorte weisen nur zu einem geringen Anteil (dies sind vor allem noch in Betrieb befindliche Deponien) dokumentierte, technische Hochwasserschutzmaßnahmen auf. Mögliche Emissionen aus einer Hausmüllablagerung während eines Hochwasserereignisses schwanken je nach Stofffreisetzungsszenario und betrachtetem Stoff um 2 – 4 Größenordnungen, was die Unsicherheit bezogen auf das Prozessverständnis im Deponiekörpers verdeutlicht. Allerdings ist festzuhalten, dass unabhängig vom betrachten Szenario, die Deponieemissionen während eines Hochwasserereignisses jene unter herkömmlichen Betriebsbedingungen um ein Vielfaches übersteigen (Faktor 102 bis 109).
Aus den über 300 potentiell hochwassergefährdeten Deponie- und Altablagerungsstandorten wurden 3 Standorte für Detailuntersuchungen ausgewählt. Für die Auswahl wurden folgende Kriterien herangezogen: Ablagerungsvolumen größer 100.000 m³, überwiegend Hausmüllablagerung, Ablagerungszeitraum nach 1980, keine bzw. unzureichende Hochwasserschutzmaßnahmen. Zusätzlich wurde berücksichtigt, ob sich flussab des Standortes sensitive Schutzgüter (zB. Wasserschutzgebiete, Natura2000 Gebiete, Naturschutzgebiete), die durch die Überflutung der Deponie bzw. Altablagerung beeinträchtigt werden könnten, befinden. Im Konkreten wurden die Altablagerungen Dietersdorf an der Kainach (Steiermark) und Pflach am Lech (Tirol) sowie die Deponie Siggerwiesen an der Salzach (Salzburg), ausgewählt. Für diese Standorte wurden detaillierte Abflusssimulationen für Hochwässer mit unterschiedlicher Jährlichkeit (HQ30, H100 und HQ300) durchgeführt, wobei mögliche zukünftige Klimaänderungen ebenfalls berücksichtigt wurden (HQ100+, HQ300+).
Die Altablagerung Dietersdorf an der Kainach wird selbst bei Hochwässern geringer Jährlichkeit (HQ30 und kleiner) überflutet und eingestaut. Die Topographie in Kombination mit dem Gesamtabfluss führt jedoch dazu, dass erst ab einer Jährlichkeit von 300 Jahren mit erheblichem Austrag an gelösten Stoffen gerechnet werden muss. Daraus kann abgeleitet werden, dass ein Stabilitätsverlust unwahrscheinlich ist, aber eine Gefährdung von umliegenden Schutzgütern durch Stofffreisetzung wahrscheinlich und mit erheblichen Konsequenzen, Emissionen und Kontaminationen verbunden ist.
Die Kombination eines alpinen Flusses mit steilem Gefälle und Hochwasserspitzen von mehr als 1000m³/s führt dazu, dass für die Fallstudie Altablagerung Pflach am Lech die Gefährdung durch Stofffreisetzungsszenario IV (Erosion und Abtrag) für den Unterliegerbereich als das wahrscheinlichste Szenario identifiziert wurde. Die topographische Ausbildung des Untersuchungsgebietes mit einer Engstelle am Gebietsauslass gibt zusätzlich Veranlassung, ein erhebliches Folgerisiko auf Schutzgüter auszuweisen. Die Stofffreisetzung durch Überflutung kann als unwahrscheinlich bezeichnet werden, da die Altablagerung gesichert ist und es in keinem der betrachten hydrologischen Szenarien zu einer markanten Überströmung der vorhandenen Schutzdeiche kommt. Die Kräfte, die am Deich wirken, weisen hingegen Größenordnungen auf, die ein Versagen zur Folge haben können.
Beim Untersuchungsgebiet an der Salzach ist bis zu einem HQ300 keine wesentlichen Einwirkungen auf das Deponie- und Betriebsgelände „Siggerwiesen“ festzustellen. Erst ein berücksichtigter Klimazuschlag von +10% führt zu Überflutungen des Betriebsgeländes. Der vorhandene Hochwasserschutz an der Salzach, sowie der Umschließungsdamm um die Deponie, veranlassen das Folgerisiko als weitgehend gering einzustufen. Lediglich für den Fall HQ300+ wird mäßiges Risiko der Kontaminierung von Schutzgütern durch die am Betriebsgelände gelagerten Abfälle ausgewiesen.
Generell lassen sich die Ergebnisse des Projektes wie folgt zusammenfassen:
Knapp ein Drittel aller untersuchten Deponie- und Altablagerungsstandorte wurden als potentiell hochwassergefährdet eingestuft, wobei ein geringer Teil der Deponien über technische Hochwasserschutzmaßnahmen verfügt. Im Hochwasserfall ist in Abhängigkeit der lokalen Verhältnisse (zB. Größe der Deponie bzw. Altablagerung, Flussmorphologie) und der sich daraus ergebenen Emissionen mit Beeinträchtigungen von Schutzgütern (Grundwasser, Naturschutzgebiete) zu rechnen. Für die meisten Standorte reichen die HORA-Daten nicht aus, um eine gesicherte Aussage über das Gefährdungspotential zu treffen. Es bedarf einer Gebietsbegehung, sowie detaillierten Simulationen und eingehenden Analysen.
Anprechpartner:
Univ.Ass. Dr. Johann Fellner
Institut für Wassergüte, Ressourcenmanagement und Abfallwirtschaft, TU Wien
Karlsplatz 13/226
j.fellner@iwa.tuwien.ac.at
01-58801-22654
Projektskonsortium:
- Institut für Wassergüte, Ressourcenmanagement und Abfallwirtschaft, Technische Universität Wien
- Institut für Wasserwirtschaft, Hydrologie und konstruktiven Wasserbau, Universität für Bodenkultur
- Institut für Wirtschaftsmathematik, Technische Universität Wien
- Umweltbundesamt GesmbH