Pressespiegel

Patent zur Satellitenkryptografie

KIRAS Projekt unter den besten Erfindungen und Entdeckungen aus 100 Jahren Niederösterreich

Bei einer Feier zu „100 Jahre Niederösterreich“ wurden die besten Erfindungen und Entdeckungen niederösterreichischer Forscher*innen präsentiert. Aus rund 45.500 Erfindungen aus NÖ in den letzten 100 Jahren wurden 35 prämiert. Mit dabei war ein Patent zur Satellitenkryptografie, das an der FH St. Pölten von Univ.-Doz. Dr. Ernst Piller im Rahmen des KIRAS Projektes KIF erforscht wurde.

Die Digitalisierung und Globalisierung benötigen eine sichere Telekommunikation und diese wiederum erfordert eine sichere Kryptografie. Die aktuelle Kryptografie baut auf der Vermutung auf, dass es mathematische Probleme gibt, die für einen Angreifer sehr schwer zu lösen sind. Daher versucht man aus Sicherheitsgründen schon seit geraumer Zeit physikalische Methoden zur Schlüsselerzeugung zu finden, die ohne Mathematik und damit ohne diese nicht beweisbare Vermutung auskommt.

Begonnen haben diese Methoden mit der „Quantenkryptografie“, die mit verschränkten Teilchen hochsicher umsetzbar ist. Doch diese Lösung ist sehr komplex und teuer. Aus diesem Grund arbeiten weltweit Wissenschaftler erfolgreich auch an einer kostengünstigen Lösung zur Erzeugung und Verteilung kryptografischer Schlüssel, die auf der Reziprozität der Funkübertragung und Messung von Funkkanaleigenschaften basiert. Bis heute ist diese Methode aber nur für kurze Entfernungen (bis ca. 20 km) geeignet.

Im Forschungsprojekt KIF* (gefördert von der FFG in der Programmlinie KIRAS) wurde daran geforscht, einerseits die Verarbeitungsgeschwindigkeit wesentlich zu erhöhen und damit diese Methode auch für Verkehrsanwendungen und dem Internet der Dinge (IoT) anwendbar zu machen, und andererseits die Reziprozität der Funkübertragung und Messung von Funkkanaleigenschaften auch auf große Entfernungen, d.h. weltweit, auszudehnen. Beides ist dem Forscherteam der FH St. Pölten gelungen. Für die Schlüsselerzeugung konnten über den Phasenwinkel als Messwert und einem speziellen verbesserten Algorithmus aus dem Machine-Learning Umfeld (LSH, Locality sensitive hashing) erhebliche Fortschritte erzielt werden. Die erste weltweite Schlüsselerzeugung mit dieser Methode gelang mit Hilfe einer Satellitenkommunikation. Dabei werden an zwei Stellen (jeweils Sender und Empfänger gleichzeitig) die Phasenwinkel von Signalen gemessen. Durch die Bewegung der Satelliten und Umwelteinflüsse (vor allem Signal-Brechungen) sind die Messwerte zufällig und nur an den beiden Stellen gleich. Daraus lassen sich Zufallsdaten erzeugen, die in Verbindung mit mathematischen Verfahren zum Generieren des Schlüssels verwendet werden und die von potentiellen Angreifer*innen nicht abgehört werden können.

Im Gegensatz zur „Quantenkryptografie“ sind diese Lösungen durch die geringen Kosten auch massentauglich einsetzbar. Da weltweit noch keine einzige Publikation und kein Patent über diese Forschungsergebnisse existierten, konnten diese in einer internationalen Patentanmeldung (WO 2020/237265 A1) umfangreich geschützt werden.

Eine kommerzielle Nutzung ist erst im nächsten Jahrzehnt von Bedeutung, weil dann voraussichtlich leistungsfähige Quantencomputer existieren. Sie wird angestrebt und soll weltweit stattfinden.

* Projekttitel: „Hochsichere, langzeitige Kryptografie für kabellose Kommunikation mit Integration von Funkmessdaten“, gefördert durch das BMVIT im Rahmen des Programms „KIRAS Sicherheitsforschung“, Laufzeit: 1.9.2017 – 30.6.2019.

Weitere Details zum Projekt: https://www.fhstp.ac.at/de/newsroom/news/patent-zur-satellitenkryptografie